Eva Illouz: Warum Liebe weh tut. Ein feministischer Lesekreis.
Die israelische Soziologin Eva Illouz beschäftigt sich in verschiedenen Büchern mit der Liebe in Zeiten des Kapitalismus. In unserem Lesekreis auf dem NFJ-Sommercamp wollen wir einige Kapitel aus ihrem neuesten Buch lesen. Darin geht es um die Transformation des Begehrens und des Willens unter den Bedingungen der Moderne. Die Gefühle zwischen Männern und Frauen, so Illouz, entfalten sich heute auf sexuellen Feldern, die sie als eine Arena der Konkurrenz beschreibt. Liebe entsteht aus dieser Sicht quasi im Getümmel eines Kontakthofs, im Strom der gegenseitigen Taxierung unter fortgesetzter Selbstbefragung: Was fühle ich? Wie lange? Gezahlt wird auf diesem Börsenparkett mit sexueller Attraktion. Sexy sein ist das einzige Zahlungsmittel. Das Liebes-Ich ist nur noch ein Produkt der aufgeblähten Kosmetikindustrie, assistiert von Fitnessstudios, die Körpersilhouetten am Laufband produzieren. Die Banden von Familie oder Status, die noch in der Vormoderne wirkten, werden von Sexiness durchtrennt, wodurch es zu einer Explosion in der Zahl der möglichen Partner kommt.
So modern das daherkommt, so bemerkenswert ist es, dass Illouz ausgerechnet die klassische Machtverteilung zwischen Mann und Frau verstärkt sieht. Illouz spricht in diesem Zusammenhang von einer neuen »emotionalen Herrschaft« von Männern über Frauen. Männern böte sich ein wachsender Markt potenzieller Partnerinnen aller Altersgruppen, anders als Frauen, deren Körper frühe Verfallsdaten tragen. Es herrscht Hektik wie vor Börsenschluss. Und die Unsicherheit: Wo investieren? Wann aussteigen, wenn eine Gefühlsanlage wackelt? Wird Liebe zum Investmentmanagement?
Wir wollen Illouz Buch gemeinsam auf dem Camp lesen und diskutieren. Wegen der begrenzten Zeit werden wir die historischen Kapitel aussparen.
Als kleinen Einstieg in das Buch ist ein Interview mit der Autorin im Reader abgedruckt.