Das Gespenst des Hipsters – Ressentiment und Entdifferenzierung
Das Gespenst des Hipsters – Ressentiment und Entdifferenzierung
Das Gespenst des Hipsters – Ressentiment und Entdifferenzierung
Kaum ein Sozialtypus hält sich so beharrlich als Hassobjekt wie der Hipster. Man ist sich uneinig, wie er aussieht, doch alle kennen ihn und niemand möchte einer sein. Obgleich schon mehrfach verabschiedet – wie bei den New Yorker Sachverständigen von n+1 im Sammelband »What Was The Hipster?« – ist der Hipster auch hierzulande längst in Alltag und Feuilleton angekommen. Einerseits scheint es sich um ein klassisches Phänomen der Mode zu handeln. Gewöhnlich meint man weiße, junge Erwachsene mit einem Hang zu Retro bzw. Vintage-Chic, Jungs mit Bart und Flanellhemd und Mädchen im Lolita-Look. Anderseits ist der Hipster ein beliebtes Ziel von Spott und Hass. Die Liste seiner bemäkelten Eigenschaften ist lang: Geschmäcklertum, unreflektierter Konsumismus, inhaltslose Ironie, Arroganz, Oberflächlichkeit, Unproduktivität, Vorhut der Gentrifizierung.
Es scheint, als bündele sich im Phänomen des Hipsters und dem Ressentiment, das ihn trifft, die gesamte Gesellschaft. Die Veränderung der Arbeitswelt lässt sich an dem als Latte Macchiato schlürfenden imaginierten Kreativarbeiter ebenso ablesen, wie die Entzeitlichung der Mode und der Verfall der Subkultur. Sowohl die Chronisten als auch die Verächter des Hipsters verkennen allerdings seinen gesellschaftlichen Grund. Der Vortrag möchte den Hipster als zugleich Symptom und Produkt einer gesellschaftlichen Entindividualisierung deuten, als den Sozialtypus gewordenen Reflex auf eine reale Auflösung von Klassengrenzen, von historischem Bewusstsein und traditionellen Geschlechterrollen; kurz, als Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Entdifferenzierung.