"Kein richtiges Leben im Falschen" - Einführung in die Kritische Theorie/Frankfurter Schule
Adorno, Horkheimer, Marcuse – wer die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft mehr als nur oberflächlich kritisieren will, kommt an diesen Theoretikern nicht vorbei. Mit Konzepten wie "autoritärer Charakter", "instrumentelle Vernunft", "Verdinglichung" und "Ideologie" haben sie versucht die fatale Geschichte des 20. Jahrhunderts zu entschlüsseln, und haben dabei viele kommunistische Dogmen gestürzt. Viele Marxisten waren überzeugt dass der Kapitalismus an seinen eigenen Krisen und am Widerstand der Ausgebeuteten zu Grunde gehen würde. Doch die "Proletarier aller Länder" (Kommunistisches Manifest) haben gerade nicht solidarisch für eine Welt ohne Not und Ausbeutung gekämpft. Sie haben sich gegenseitig für Volk und Vaterland erschossen und in Deutschland Vernichtungskrieg und Holocaust mit getragen. Wie konnte das passieren? Offenbar führen die ökonomischen und sozialen Dauerkrisen der kapitalistischen Welt eher zu autoritären Sehnsüchten, Denkformen und Charakterstrukturen. Die "Kritik der politischen Ökonomie" (Marx) muss also um eine Kritik des Subjekts und der Kultur erweitert werden. Die Erklärungsansätze der Frankfurter Schule sind heute noch treffend, müssen aber kritisch und eigenständig weiter entwickelt werden.
In einführenden Teil des Workshops am Vormittag wird die historische und theoretische Ausgangslage der Frankfurter Schule vorgestellt, danach lesen und diskutieren wir grundlegende Texte in Auszügen: den sozialpsychologischen Entwurf Autorität und Familie von Erich Fromm (1936), und etwas Kulturkritisches von Adorno oder Marcuse. Der zweite Teil am Nachmittag beschäftigt sich mit einigen schwieriger zugänglichen Thesen der Frankfurter Schule zur Kritik der instrumentellen Vernunft. Wir lesen und diskutieren Auszüge aus der Dialektik der Aufklärung von Horkheimer/Adorno (1944/47), aus Adornos Negativer Dialektik (1966) und aus seiner Ästhetischen Theorie (1970).