Nationale Symbole? Pfuibäh!
Nationale Symbole? Pfuibäh!
Da ist sie wieder, die Deutschlandfahne! Spätestens mit der Männerfussball WM 2006 feierte sie ihre großspurige Rückkehr in den öffentlichen Raum. Viel zu oft und unübersehbar bammelt es nun schwarz-rot-gelb aus ungezählten Autofenstern und von Balkongeländern. Wie alle Flaggen ist auch die Deutschlandfahne zunächst einmal ein Zeichen dafür, dass es Staaten, Nationen und damit Grenzen, Ein- und Ausschlüsse, sowie Nationalismen gibt. Nationen und nationales Bewusstsein sind eine Erscheinung der Moderne und als solche müssen sie in den Köpfen der Menschen erst und immer wieder erzeugt werden. "Von Anbeginn diente die nationale Identität durch die Schaffung von Legenden, Symbolen und Mythen zur Rechtfertigung des Konstruktes Nation [...]."
Das bedeutet auch, dass zur Stabilisierung der nationalen Gruppenidentität, "andere Gruppen" vorgestellt und ausgegrenzt werden müssen. "Durch die Abgrenzung nach außen lanciert man die innere Homogenisierung und deckelt damit nicht nur Unterschiede (untereinander), sondern merzt diese auch aus."
Symbolträchtige Stofflappen wie Flaggen sind dabei bestens geeignet um solch eine Gruppenidentität zu schaffen und nationalstaatliches Denken sicherzustellen. Egal ob auf Sportler_innentrikots, Grenzübergängen oder Konsumgütern "Made in Blablabla" - ein Denken jenseits von Nationalfarben scheint unvorstellbar.
Die nationale Farbskala Deutschlands seit Gründung der Bundesrepublik besteht nicht aus Willkürlichkeiten. Im Zuge der antinapoleonischen Kriege von 1813 sammelten sich diverse deutsch-nationale Bewegungen unter dem schwarz-rot-goldenen Banner. "Das in mehr als drei Dutzend Kleinstaaten zersplitterte Deutschland entdeckte [...] im Kampf gegen Napoleon die Nation als Parole. [...] Nun war eine Besonderheit dieser Bewegung [...], dass von vornherein in Deutschland der Kampf gegen diese Fremdherrschaft von großen Teilen mit häufig reaktionären Ideen geführt wurde. Vor allem sollten die Ideen der Aufklärung bekämpft werden, nicht so sehr die Fremdherrschaft Napoleons."
Nach Zerschlagung des Nationalsozialismus, wurden im Nachkriegsdeutschland zunächst alle bisherigen Nationalflaggen durch die Alliierten verboten. Mit Gründung der Bundesrepublik wurde sich dann vor allem für die schwarz-rot-goldenen Nationalfarben entschieden, um eine "Rechtskontinuität" zwischen der Weimarer Republik und der BRD zu konstruieren. Da die Deutschlandfahne sich heute reibungslos in das "neue, deutsche Selbstbewusstsein" integriert hat und das Jubeljahr 2009 nur so vor nationaler Selbstinszenierung und schwarz-rot-gelber Selbstbeweihrauchung platzen wird, hat Pink Rabbit die Lauscher aufgestellt. Es wird nicht nur viel unterwegs sein, sondern ruft auf zur massenhaften praktischen Flaggenumfunktionierung.
Wozu Fähnchen, wenn es Möhrchen gibt?
Alle Zitate aus:
Barbara Hauck: Das gleiche, aber anders. Über die Konstituierung einer neuen europäischen Identität, Phase 2/11 (2004)
Benjamin Ortmeyer: Argumente gegen das Deutschlandlied. Geschichte und Gegenwart eines furchtbaren Lobliedes auf die deutsche Nation, Frankfurt/Main (2006)