Eine Region leistet gutbürgerlichen Widerstand

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Militarismus & Außenpolitik Eine Region leistet gutbürgerlichen Widerstand

Mit Standort-Argumenten, aber hier und dort auch radikal linken Ansätzen wehren sich die Menschen in der Kyritz-Ruppiner Heide gegen die Bombodrom-Pläne der Bundeswehr.

Schauplatz des antimilitaristischen Pfingstcamps, um das es in dieser Zeitung geht, ist das Dörfchen Rägelin, im Nordwesten Brandenburgs. Weit ab vom Schuss? Von wegen! Rägelin liegt am Rande der Kyritz-Ruppiner Heide, und genau in dieser Gegend wird seit zwölf Jahren ein breiter, vielfältiger Widerstand gegen die Bundeswehr geleistet. Die Armee plant nämlich, auf dem 144 Quadratkilometer großen Gebiet einen Bombenabwurfplatz einzurichten, um ihre Kampfpiloten für deutsche Auslandseinsätze trainieren zu lassen. Zu DDR-Zeiten war das Gelände bereits Schauplatz des antimilitaristischen Pfingstcamps, um das es in dieser Zeitung geht, ist das Dörfchen Rägelin, im Nordwesten Brandenburgs. Weit ab vom Schuss? Von wegen! Rägelin liegt am Rande der Kyritz-Ruppiner Heide, und genau in dieser Gegend wird seit zwölf Jahren ein breiter, vielfältiger Widerstand gegen die Bundeswehr geleistet. Die Armee plant nämlich, auf dem 144 Quadratkilometer großen Gebiet einen Bombenabwurfplatz einzurichten, um ihre Kampfpiloten für deutsche Auslandseinsätze trainieren zu lassen. Zu DDR-Zeiten war das Gelände bereits AnarchistInnen reicht das Spektrum der Menschen, die sich für eine Freie Heide einsetzen. Auf den bisher über 90 Protesten wurden insgesamt rund 200.000 TeilnehmerInnen gezählt, Bombodrom-BefürworterInnen sind kaum zu finden. Dominierend sind realpolitische Standortargumente: Durch den zu erwartenden Fluglärm würde es unmöglich werden, Tourismus in der wirtschaftlich schwachen Region zu etablieren. Die immer weiter zusammenschmelzende Gegenseite argumentiert – erfolglos -, dass die Ansiedlung der Bundeswehr Arbeitsplätze schaffen könnte. Die BI Freie Heide, 2003 mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnet, konzentriert sich – neben der Organisation von klassisch friedensbewegten Aktionen wie Ostermärschen – darauf, ihr Anliegen per Gerichtsbeschluss durch zu setzen. Immerhin wird so die Bundeswehr seit über einem Jahrzehnt an der Aufnahme ihrer Mordübungen gehindert. UnterstützerInnen von Auswärts kündigen derweil direkte Aktionen und Platzbesetzungen an, sollte die Armee sich letztlich durchsetzen. Rund zweihundert Übungstage gäbe es jährlich. Die Initiative „Resist Now“ versucht darum, 200 Gruppen zu mobilisieren, die sich je einen dieser Tage heraussuchen und dann den Platz blockieren. So würde mit zivilem Ungehorsam der Übungsbetrieb unmöglich gemacht.

Wo auch immer die Motive der Freie-Heide-AktivistInnen liegen mögen, ihr Engagement liegt faktisch in jedem Falle quer zu den militärischen, außenpolitischen Ambitionen Deutschlands. Denn wer verstärkt bei weltweiten Machtspielchen mitmischen will, der braucht eine gut trainierte Luftwaffe. Die Bundeswehr will darum ihr Bombodrom weiterhin unbedingt durchsetzen, entgegen dem bundesweiten Trend, Standorte zu schließen. Ein adäquates, den neuen Anforderungen entsprechendes Übungsareal gibt es in Deutschland nämlich nicht. Und eine gesunde Portion Autoritätsskepsis hat sich inzwischen bei vielen EinwohnerInnen eingestellt. Für Unmut sorgten etwa die Wahlkampf-Bekundungen vom damaligen SPD-Kanzlerkandidat Rudolf Scharping 1994, der versprach, sich für die „Freie Heide“ einsetzen zu wollen und später als Verteidigungsminister das genaue Gegenteil tat.

Soviel scheint klar: Der Protest gegen das Bombodrom ist nicht per se emanzipatorisch. Selbst die rechte Szene in der nahe gelegenen Neonazi-Hochburg Wittstock wettert (wenn auch isoliert vom tatsächlichen Protestspektrum) gegen den Abwurfplatz. Unterstützen wollen wir den Widerstand gegen die Bundeswehr-Sauereien dennoch. Denn wir sind für eine Freie Heide, in der Hoffnung, einen Beitrag gegen das neue, selbst- und machtbewusste Deutschland zu leisten. Auf dem Pfingstcamp stehen interessante Diskussionen mit AnwohnerInnen an und jede Menge Platz für Aktionen ist auch gegeben. Für unser Entertainment werden wohl oder übel die allpräsenten Bundeswehr-Feldjäger sorgen – sie bewachen eifrigste das Bombodrom-Areal und sind erfahrungsgemäß für jedes spaßige Katz-und-Maus-Spiel zu haben.

erschienen in:
campodrom - Zeitung zum antimilitaristischen Pfingstcamp (2004)