Braune Militärkultur der Bundeswehr II
Braune Militärkultur der Bundeswehr II
Die Kaserne ist ein Ort, an dem Männer permanent ihre Männlichkeit unter Beweis stellen müssen und wollen – und dies geschieht vor allem durch die Abwertung von Weiblichkeit. Aber unterscheiden sich denn die Geschlechter-bilder in der deutschen Männertruppe überhaupt von denen in der Gesellschaft? Und welche Auswirkungen wird die Öffnung der Bundeswehr für Frauen auf sie haben?
Als die Wehrpflicht am Ende des 19. Jahrhunderts eingeführt wurde, entstand das Ideal des patriotischen, aggressiven, mächtigen, männerbündlerischen Soldaten, das eine wesentliche Rolle für die Mobilisierung deutscher Kriegsbereitschaft gegen Napoleon spielte. Die Soldaten galten seitdem mal mehr (wie zur NS-Zeit) und mal weniger als die Helden, die todesmutig mit Waffe und Muskelkraft ihr Land verteidigten.
Trotz der bisherigen Abwesenheit von Frauen wurde und wird dabei ein ganz konkretes Frauenbild (mit-)produziert – sie sind das genaue Gegenteil eines fähigen und somit männlichen Soldaten: weich, schwach und friedfertig anstatt stark, hart und kampfbereit.
Wer nicht kriegerisch genug ist gilt damit als „weibisch“. Und weil das natürlich kein Soldat will, beweisen alle ihre Männlichkeit durch besondere Stärke. Frauenfeindliches Abgrenzen von Weiblichkeit soll zeigen: „Guckt alle her, ich find Frauen scheiße, also kann ich ja keine sein!“. Gemeinschaftliches Pornogucken, die Bezeichnungen der Waffe als „die Braut des Soldaten“, des schikanierenden Befehlshabers als „Ficker“, der Soldatenfreundin als „Matratze“ usw. usf. sind Indizien dafür, dass Frauen als minderwertige Objekte gesehen werden. Dies ist zwar im Rest der Gesellschaft auch so - jedoch sind Männer in der Kaserne erstens (fast) unter sich. Das führt einerseits zu einem viel stärkeren Konkurrenzdruck untereinander und andererseits dazu, dass sie hier ihre sexistischen Vorstellungen unverblümt äußern und bestätigen lassen können, ohne dass sich Frauen wehren werden oder überhaupt können. Zweitens liegt es im Wesen des Militärs, dass hier besondere Härte, Stärke und somit besondere Männlichkeit gefordert werden – und diese müssen die Soldaten dann halt auch in besonderer Weise erfüllen.
Und was bedeutet dies nun für die Öffnung der Bundeswehr für Frauen? Es bedeutet nicht, dass die Vorstellungen von der friedfertigen Natur der Frau oder der aggressiven Natur des Mannes abgeschwächt werden – Frauen in der Bundeswehr erzwingen noch lange nicht die Auseinandersetzung mit geschlechtsspezifischen Rollenbildern, sondern bestätigen diese in einem gewissen Rahmen.
Es wird ganz bewusst dafür gesorgt, dass das Geschlecht der Soldatin weiterhin eindeutig erkennbar bleibt - ob durch modisch taillierte Uniformen, erotisierende Posen oder lange Haare. So gehört zur Bundeswehr-Uniform einer Frau ein kurzer Rock, sie dürfen dezenten Schmuck tragen und müssen sich nicht die Haare abschneiden lassen. Der radikale Haarerlass ist bei Soldatinnen sowieso nicht gern gesehen, weil es so „unweiblich“ ist. So bleiben Frauen etwas abweichendes, besonderes in der Bundeswehr. Es ist außerdem zu erwarten, dass sowieso nur höchstens zehn Prozent aller SoldatInnen einmal weiblich sein werden. Das beweisen die Zahlen aus der US-Army oder der Israel Defense Force.
Wer sich also aus antimilitaristischer Perspektive heraus gegen die Bundeswehr positioniert, der sollte auch die gesellschaftlichen Männlichkeitsbilder angreifen!
Erschienen in:
campodrom - Zeitung zum antimilitaristischen Pfingstcamp (2004)