Stadtwanderung: Novemberpogrom im Scheunenviertel 1938 und 1923
Stadtwanderung: Novemberpogrom im Scheunenviertel 1938 und 1923
Stadtführung mit dem Historiker Karsten Krampitz.
Novemberpogrom 1938: Nationalsozialisten setzen Synagogen im ganzen Deutschen Reich in Brand. Nachbarn plündern jüdische Geschäfte, nachdem SA-Männer die Scheiben eingeworfen haben. Etwa 30.000 jüdische Männer werden in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen verschleppt. Mindestens 600 von ihnen werden dort ermordet.
In weiten Teilen der Bekennenden Kirche, die sich bis dahin nicht zur Entrechtung und Verfolgung jüdischer Menschen in Deutschland geäußert hatte und es auch später nicht tun sollte, hinterließ die antisemitische Gewalt jener Tage eine große Betroffenheit. Nur wenig später begann in Berlin-Mitte in der Oranienburger Straße das „Büro Pfarrer Grüber“ seine Arbeit. Unter der Leitung Heinrich Grübers sollte mit Hilfe dieses Netzwerkes bis 1941 mindestens 1000 Christen jüdischer Herkunft die Auswanderung gelingen.
Im „Scheunenviertel“ begeben wir uns auf die Suche nach dem ostjüdischen Leben, dass es 1938 noch in dieser Gegend nördlich des Alexanderplatzes gab.
Der unvergessene Eike Geisel schrieb einmal, dass es auch in den Straßen der Umgebung solche kleinen Synagogen gab, „aber ihnen kommt nur die Rolle von Planeten zu, welche um die Sonne der Grenadierstraße kreisen“. Als Geisel Anfang der 1980er Jahre, aus dem Westen kommend, die damals noch heruntergekommenen Häuser der Almstadtstraße besuchte, fand er ein Quartier vor, das einem Zenotaph glich, einem leeren Grab. Es gab dort keinerlei Erinnerung mehr an die früheren Bewohner. Die Umgebrachten seien mehr als tot, schrieb er, es sei als hätten sie nie gelebt.
Hundert und ein Jahr ist es her, dass nördlich des Berliner Alexanderplatzes, nahe der Volksbühne, gut Tausende Wutbürger grölend durch die Straßen gezogen sind, jüdische Geschäfte und Wohnungen geplündert haben. Die Polizei zeigte sich völlig überfordert. „Die antisemitische Saat ist aufgegangen“, schrieb der sozialdemokratische Vorwärts Tage später in seinem Leitartikel. „Berlin hat sein Judenpogrom gehabt. Berlin ist geschändet worden.“
In jenen Tagen kam es im ganzen Land zu Hungerprotesten, zu Überfällen auf Bäckereien und Lebensmittelgeschäften. Doch nur in Berlin, nur im sogenannten Scheunenviertel hatten die Proteste einen antisemitischen Charakter. Nur hier gab es ein Pogrom, zog der Mob prügelnd und plündernd durch die Grenadierstraße, die unter dem preußischen Kurfürsten einst „Verlorne Straße“ hieß. Zehn Jahre vor Hitlers Machtübernahme wurden Juden geschlagen, beraubt und halbnackt durch die Straßen getrieben. Gemeinsam mit dem Historiker und früheren NFJ-Mitglied Karsten Krampitz gehen wir an den Ort des Geschehens.
Es gibt keinen Teilnahmebeitrag. Trotzdem bitten wir euch um eine verbindliche Anmeldung an seminare@nfj-berlin.de
Der Startpunkt wird bei der Anmeldung bekannt gegeben. Die Veranstaltung findet statt im Rahmen der „You are not alone in the darkness – Veranstaltungsreihe gegen antisemitische Zustände“ der Naturfreundejugend Berlin. Finanziert wird diese durch die Amadeu-Antonio-Stiftung.