Nazis, RAF und der Engel der Geschichte: Nachgeschichte der Shoah in der Bundesrepublik in den Filmen Thomas Harlans
Nazis, RAF und der Engel der Geschichte: Nachgeschichte der Shoah in der Bundesrepublik in den Filmen Thomas Harlans
Nazis, RAF und der Engel der Geschichte: Nachgeschichte der Shoah in der Bundesrepublik in den Filmen Thomas Harlans.
In Thomas Harlans Film Wundkanal spielt der verurteilte Massenmörder Alfred Filbert sich selbst: einen Massenmörder, der von unbenannten und unsichtbar bleibenden Terrorist*innen, offensichtlichen Erben von Baader und Meinhof, entführt wird. Die Kamera kreist nur um den Protagonisten, der schließlich sich selbst verhört und dabei auch eine – wenn auch problematische – Analogie von Auschwitz nach Stammheim zieht. Nicht umsonst geriet Wundkanal sowohl bei der Aufführung auf den Filmfestspielen von Venedig 1984 als auch auf der Berlinale 1985 gemeinsam mit d Notre Nazi, in der Kramer auf Harlans Wunsch die Dreharbeiten zu Wundkanal dokumentiert, jeweils zum Eklat.
Jenseits der diskussionswürdigen Parallelisierung von Auschwitz und Stammheim zeigen beide Filme jedoch Wunden der bundesrepublikanschen Erinnerskultur und -politik auf: die Kontinuität der Herrschaft von NS-Täter*innen in der BRD und ihre häufige Straffreiheit (selbst wenn einmal Prozesse gegen sie geführt wurden).
Wundkanal lässt sich daher auch heute nicht nur als historisches Dokument, sondern mit Blick auf (moralische) Fragen des Umgangs mit Geschichte und den Implikationen für die Gegenwart immer noch mit Gewinn betrachten, weil er nicht nur auf Lücken in der Vergangenheitsaufarbeitung verweist, sondern gleichzeitig ein Gegennarrativ dazu anbietet – das aber (ob bewusst oder unbewusst sei erst einmal dahingestellt) so nicht wahrgenommen wurde.
Der Workshop bietet sowohl die Möglichkeit, die historischen Hintergründe von Harlan, Filbert, Kramer und anderer im Film prominent präsentierter Personen zu erläutern, als auch und vor allem – neben der unzweifelhaft ästhetischen Erfahrung – die Relevanz des Filmes für die Gegenwart und die gegenwärtige Erinnerungskultur zu diskutieren.
Zudem drängt sich auch ein Blick auf die weiteren Filme (und Bücher) Harlans auf, da die Fiktionalisierung von Geschichte bzw. das »Erfinden von Wirklichkeit« dort systematisch zum Programm erhoben wird und ästhetisch auch gleichermaßen originell wie beinahe singulär bleibt.
Im Workshop lassen sich bestimmt einzelne Passagen der Filme auch vorführen, es empfiehlt sich aber dringend, die Filme in Gänze anzusehen.