Argumente gegen Jugendoffiziere
Argumente gegen Jugendoffiziere
„Die Bundeswehr ist eine demokratische Armee“
sagt der Jugendoffizier.
Die „Innere Führung“ steht allgemein für das Konzept einer „demokratischen“ Wehrverfassung, die das Wiederaufleben faschistischer und undemokratischer Tendenzen innerhalb der Armee verhindern soll. Das war der Versuch, trotz der negativen Erfahrungen mit der Reichswehr und der Wehrmacht eine Armee in einen demokratischen Staat zu integrieren. Bei näherer Betrachtung stellt sich dieses Konzept von Graf Baudissin jedoch als leere Hülle dar: Aufgrund ihrer Funktion und der Geschlossenheit ihres Aufbaus stellen Armeen in jedem politischen System einen Machtfaktor dar, den ein Parlament niemals kontrollieren kann. Aber auch intern muss eine Armee entsprechend autoritär organisiert sein.
Auch in der Bundeswehr werden be-stimmte Grundrechte verweigert oder eingeschränkt, so z.B. das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlungsfreiheit oder das gemeinsame Petitionsrecht. In der Armee sollen junge Männer zu gehorsamen Befehlsempfängern werden (nach offiziellem Sprachgebrauch: „Staatsbürger in Uniform“). Die Armee wird so zur „Schule der Nation“, in der selbständiges Denken und Eigenverant-wortung verhindert werden sollen. Wenn jedoch eine Armee niemals demokratisch sein kann, dann stellt sich die Frage, ob angeblich „militärische Gesichtspunkte“ Vorrang haben dürfen vor den garantierten Freiheits-rechten in einer demokratischen Gesellschaft.
„Jedes Land braucht eine Armee"
sagt der Jugendoffizier.
Angeblich werden Armeen von jedem Land benötigt um sich vor bösen Nachbarn zu schützen, die auf die Idee kommen könnten das Land zu besetzen und womöglich sogar die dortige Demokratie zu beseitigen. So legitimierte die Bundeswehr bis zur Wende ihre Existenz mit der ständigen „Gefahr aus dem Osten“, mit der an-geblich jede Minute gerechnet werden musste.
Nun, da diese Legitimation entfallen ist, wird das Argument der Landesverteidigung zwar immer noch hochgehalten, aber ohne Erklärung, von welchem Land eine solche Bedrohung ausgehen könnte. Angesichts der Tat-sache, dass Deutschland von BündnispartnerInnen umgeben ist, ist der Fall, dass die Bundeswehr Deutschland vor einem blutrünstigen Besatzer beschützen müsste, tatsächlich vollständig auszuschließen. Und dass es die Bundeswehr nur deshalb geben soll, weil die anderen eben auch so was haben, erscheint nun wirklich nicht einleuchtend. Irgendwo muss ja schließlich mit der Entmilitarisierung begonnen werden.
Obwohl es angeblich normal ist, dass jedes Land eine Armee besitzt, wurde während des Wiederaufbaus der Bundeswehr nicht beachtet, dass eine Emnid-Befragung von 1950 in der Hochphase der Wiederbewaffnungsdebatte ergab, dass sich 75 Prozent der Bevölkerung gegen die Einführung der Bundeswehr aussprachen. Fast alle Jugendgruppen und -zeitungen protestierten ebenso wie Kirchen, Gewerkschaften und die linken Parteien gegen die Einführung von Bundeswehr und Wehrpflicht. Unter dem Motto „Ohne uns!“ machte die Mehrheit der Jugendlichen deutlich, dass sie sich nicht erneut an einem Krieg beteiligen oder ihn unterstützen werden. Doch mit Verboten von Friedensorganisationen und mit harten Strafen für FriedensaktivistInnen konnte die Bundesregierung die Wiederbewaffnung dennoch durchsetzen. Gerade nach dem Ende des Ost/West-Konfliktes gibt es nun erstmalig die Chance zur Abschaffung der Bundeswehr. Das Grundgesetz eröffnet nur die Möglichkeit, dass es eine Armee und die Wehrpflicht geben kann. Mit einfacher Mehrheit kann der Bundestag über die Größe (und damit auch über die Abschaffung) der Streitkräf-te sowie über die Wehrpflicht entschei-den. Angesichts der undemokratischen Strukturen der Bundeswehr, militärischer Großmachtinteressen der Bundesrepublik und eines riesigen Verteidigungshaushaltes (ca. 50 Milliarden DM jährlich) ist die Abschaf-fung der Bundeswehr dringender nötig als je zuvor.
„Die Bundeswehr schützt die Menschenrechte“
sagt der Jugendoffizier.
Wer wie die Bundeswehr umgebaut wird zu einer internationalen Interventionsarmee, die die „vitalen Interessen Deutschlands“, d.h. den freien und ungehinderten Zugang zu den Rohstoffquellen überall auf die-ser Welt und den freien Welthandel sichern soll („Verteidigungspolitische Richtlinien“), dessen Interesse ist nicht der Schutz von Menschenrechten sondern von machtpolitischen und wirtschaftlichen Interessen. In der Bundesrepublik werden Kriegstechnik und Waffen produziert und exportiert, die an vielen Orten dieser Welt dabei helfen, Menschenrechte brutal zu verletzen. Auch jede militärische Auseinander-setzung stellt eine massenhafte Menschenrechtsverletzung dar. Armeen, egal unter welcher Hoheit, sind weder kompetent noch in der Lage, die Einhaltung der Menschenrechte zu garantieren - sie können sie in seltenen Fällen vielleicht durch militärische Gewalt erzwingen, verletzen sie da-bei aber von neuem.
„Konflikte lassen sich nur militärisch lösen“
sagt der Jugendoffizier.
Politische Konflikte, egal ob zwischen Staaten, Parteien oder Interessengruppen, entstehen zumeist dann, wenn es um Macht, Einflussnahme, Interessenwahrung und -sicherung geht. Fast immer schreien Verantwortliche und Medien erst dann laut auf, wenn Konflikte sich bereits so verschärft haben, dass keine politische Klärung und Beilegung des Konfliktes mehr möglich scheint. Dann wird in der Regel der Einsatz der Militärs als einzige verbleibende Option gefordert. Konflikte lassen sich mit militärischer Gewalt möglicherweise beenden - lösen lassen sie sich mit gewaltsamen Mitteln jedoch nie. Immer bleiben militärische Sieger und Besiegte am Ende dieser Auseinandersetzung. Der eigentliche Konfliktgegenstand - das, was ihn ausgelöst hat - bleibt bestehen und bildet den Grund neuer Kon-frontation. Häufig eskalieren Konflikte gerade wegen des militärischen Eingreifens, auch unter der Flagge der UNO oder mit ihrer Genehmigung, und neue Auseinandersetzungen provozie-ren noch mehr Einsatz von Gewaltmitteln.
Statt dessen ist es die Aufgabe der Politik, tatsächlich alle zivilen, diplomatischen Möglichkeiten in den frühen Eskalationsstufen eines Konflik-tes auszuschöpfen: Konflikte müssen früh erkannt und analysiert werden. Embargos müssen humanitäre Gesichtspunkte berücksichtigen und konsequent durchgesetzt werden. Und es müssen politische und wirtschaftliche Voraussetzungen geschaffen werden, die die gewaltfreie Austragung und Lösung der Konflikte möglich machen.
„Die Armee wird bei Katastrophen gebraucht“
sagt der Jugendoffizier.
Die Bundeswehr ist keine Katastrophenschutzorganisation. Solche Organisationen und Einrichtungen gibt es, und diese sind speziell ausgebildet und auch ausgerüstet. Im Unterschied zu diesen stehen der Bundeswehr - wie Armeen überhaupt -nur eine große Anzahl dienstverpflichteter junger Männer und die Mittel militärischer Gewalt zur Verfügung: Waf-fen und Kriegstechnik, die aber bei der Bekämpfung von Hochwasser und anderen Naturkatastrophen reichlich ungeeignet sind. Zivile Helferinnen und Helfer erfüllen in diesen Situationen die Aufgaben mindestens ebenso wie solche, die Bundeswehruniformen tragen und unter militärischem Kommando stehen.
Sinnvoll wäre sehr wohl die verbesserte technische und personelle Aus-stattung von zivilen Katastrophenschutzeinrichtungen. Und es soll nicht vergessen werden: (Natur)Katastrophen sind in den mei-sten Fällen durch Menschen verur-sacht. Sie können und müssen bereits im Vorfeld verhindert werden. Aber Prävention im Natur- und Klimaschutz kostet Geld...