Im April und Mai organisiert der AK AntiRa eine Filmreihe anlässlich des 20. Jahrestages der faktischen Abscbaffung des Asylrechts

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Rassismus & Migration Im April und Mai organisiert der AK AntiRa eine Filmreihe anlässlich des 20. Jahrestages der faktischen Abscbaffung des Asylrechts

Vor zwanzig Jahren, am 26. Mai 1993, schlossen CDU/CSU und SPD den sogenannten Asylkompromiss. In einer langandauernden rassistischen Debatte wurden seit Mitte der 1980er Flüchtlinge mit Metaphern wie „Asylantenflut“ als zu bekämpfende Naturkatastrophe konstruiert. Ergebnis und vorläufiger Höhepunkt dieser Debatte war die grundgesetzliche Neuregelung des Rechts auf Asyl, die seiner faktische Abschaffung gleichkommt. Mit dem Asylbewerberleistungsgesetz wurde zusätzlich ein Sondergesetz geschaffen, das ein niedrigeres Existenzminimum für AsylbewerberInnen und geduldete Flüchtlinge definierte. Das Ziel: Die Lebensbedingungen für diese Personengruppe in Deutschland unerträglich zu machen. Einiges erinnert heute daran. Vor der kommenden Bundestagswahl beschwören rechte Sozialdemokraten wie Heinz Buschkowsky Slums wegen der Einwanderung von Menschen aus Südosteuropa. Innenminister Friedrich überlegt syrische Flüchtlinge nur aufzunehmen, wenn sie christlichen Glaubens sind.

Auf der anderen Seite ist es Flüchtlingsinitiativen mit ihren Protesten und dem massenhaften Verstoß gegen die Residenzpflicht gelungen, ein seit Jahrzehnten existierendes rassistisches Sondergesetz zur Debatte zu stellen.

Mit einer Filmreihe wollen wir am 20. Jahrestag der faktischen Asylrechtsabschaffung in Deutschland die Folgen europäischer Migrations- und Flüchtlingspolitik reflektieren und die Kämpfe um das Recht auf Bewegung würdigen.

*** Die Filmreihe wird organisiert vom AK AntiRa der NFJ-Berlin in Zusammenarbeit mit der Fachgruppe politische Bildung der Naturfreunde Berlin

Ab 14. April 2013, immer sonntags// 19.00 Uhr// NFJ-Laden// Weichselstraße 13// 12045 Berlin// nahe U-Bahn Hermannplatz// M29 Fuldastraße

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Sonntag, 14. April 2013

Hotel Sahara (2008)

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Die Filmemacherin Bettina Haasen porträtiert Menschen, die auf ihrer Reise nach Europa freiwillig oder unfreiwillig Zwischenstopp in Mauretanien machen. Der Film zeigt die unterschiedlichen Motive der Protagonist_innen für ihre Reise nach Europa, aber auch Gründe, die Fahrt übers Mittelmeer nicht anzutreten. Ein Fischer, der ohne offizielle Papiere nach Mauretanien gekommen ist und sich entschieden hat, nicht nach Europa überzusetzen drückt es so aus: „Hier habe ich keine Papiere und bin frei. In Europa bin ich ohne Papiere und unfrei.“ Hotel Sahara gelingt es, das Sterben an den Außengrenzen Europas zu zeigen, die Härte der Reise und den Schmerz über die Trennung von Freund_innen und Verwandten zu zeigen, ohne Migrant_innen zu Opfern zu machen.

  1. April 2013// 19.00 Uhr// NFJ-Laden// Weichselstraße 13// 12045 Berlin// nahe U-Bahn Hermannplatz// M29 Fuldastraße

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Sonntag, 21. April 2013.

Revision (2012)

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Auch Revision thematisiert das europäische Grenzregime und schlägt dabei einen Bogen in die Zeit kurz vor der Abschaffung des Asylrechts. In einem kleinen mecklenburgischen Dorf wurden 1992 die beiden Roma Grigore Velcu und Eudache Calderar von zwei Jägern erschossen. Sie hatten kurz zuvor die Oder, damals EU-Außengrenze, überquert. Die Täter wurden 1999 freigesprochen, die Hinterbliebenen der Opfer wurden nie informiert, sie spielten keine Rolle im Verfahren. Der Regisseur Phillip Scheffner und Merle Kröger rekonstruieren die Tat, die völlig unzureichenden Ermittlungen und die Verbindung von staatlichem Rassismus und dem Handeln der deutschen „Menschenjäger“.

  1. April 2013// 19.00 Uhr// NFJ-Laden// Weichselstraße 13// 12045 Berlin// nahe U-Bahn Hermannplatz// M29 Fuldastraße

Sonntag, 28. April 2013

Die Entscheider (1992), Die Entscheider (2001)

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Im Zentrum der gleichnamigen Filme stehen jene Personen, die die Lebensgeschichten von Asylantragsteller_innen in einen Verwaltungsvorgang umwandeln – die „Einzelentscheider_innen“. Sie fragen Migrant_innen über ihre Reisegründe aus und entscheiden anhand dieser „Interviews“ über Anerkennung und Ablehnung von Asylanträgen und damit über Abschiebung oder Bleiberecht. Susanne Ofteringer hat vor 21 Jahren in einem Kurzfilm Einzelentscheider_innen zu ihrer Arbeit befragt. Der Vergleich mit dem zehn Jahre später entstandenen Film von Hans Jürgen Hilgert zeigt, was sich NICHT geändert hat. Die verschiedenen Arten der emotionalen Distanznahme und die Selbstgewissheit der Entscheider_nnen: Keine_r der oder die Zweifel an der „Richtigkeit“ der eigenen Entscheidungen oder an dem Prozess hat. Sichtbar werden die un/menschlichen Momente in denen die Übersetzerin über Auskünfte eines Flüchtlings zu lachen beginnt oder der Widerspruch zwischen scheinobjektiver Formalität, die durch das ironische Lächeln der Bearbeiterin konterkariert wird … während der Interviewte über die Ermordung seiner Familie spricht.

  1. April 2013// 19.00 Uhr// NFJ-Laden// Weichselstraße 13// 12045 Berlin// nahe U-Bahn Hermannplatz// M29 Fuldastraße

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Sonntag, 5. Mai 2013

Residenzpflicht (2013)

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Die Residenzpflicht wurde 1982 eingeführt. Asylbewerber_innen und Geduldete dürfen seitdem den ihnen zugewiesenen Landkreis nicht verlassen. Gruppen wie die Flüchtlingsinitative Brandenburg und The Voice haben die Residenzpflicht jahrzehntelang skandalisiert. In dem Film der Regisseurin Denise Garcia Bergt treten Protagonist_innen des Kampfes vor die Kamera. Der Film ist aber nicht nur das Portrait einer politischen Bewegung. Beiläufig beschreiben Aktivist_innen wie Eben Chu, Osaran Igbinoba und Yufany Mbolo die kolonialen Wurzeln der Einschränkungen der Bewegungsfreiheit von Schwarzen und erklären, warum das Asylrecht nicht für Afrikaner_innen gedacht war. Florence Sissako gelingt es auf atemberaubende Weise die absurde Komik hinter den Schikanen einer auf Diskriminierung ausgerichteten Bürokratie zu beschreiben.

  1. Mai 2013// 19.00 Uhr// NFJ-Laden// Weichselstraße 13// 12045 Berlin// nahe U-Bahn Hermannplatz// M29 Fuldastraße

Sonntag, 12. Mai 2013

Abschiebung im Morgengrauen (2006)


Michael Richer zeigt den Alltag in der Hamburger Ausländerbehörde in der Abteilung für „Rückführungsangelegenheiten“. Mitten in der Nacht wird eine Familie, die seit 15 Jahren in Deutschland lebt, aus den Betten gerissen und ins Kosovo abgeschoben. Ein Mann, der seine Duldung verlängern lassen will, wird wie ein Schwerverbrecher durchsucht und mit der sofortigen Abschiebung überrascht. Ein beiläufiger Schwenk auf den Monitor des Sachbearbeiters zeigt einen Bildschirmschoner mit dem Text: „Wir buchen, Sie fluchen… – Reisebüro Never-come-back-Airlines“. Neben dem Zynismus der Sachbearbeiter_innen beschreibt der Film präzise das Selbstbild der Angestellten der Ausländerbehörde. Überraschender Weise fühlen sie sich als Opfer und meinen, dass ihre Arbeit zu wenig anerkannt werde.

  1. Mai 2013// 19.00 Uhr// NFJ-Laden// Weichselstraße 13// 12045 Berlin// nahe U-Bahn Hermannplatz// M29 Fuldastraße

Sonntag, 26. Mai 2013

Wadim (2011)

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Carsten Rau und Hauke Wendler dokumentieren den Suzid von Wadim. Der Jugendliche wuchs in Hamburg auf, an seinem 18. Geburtstag wurde er nach Lettland abgeschoben. Mit zehn Euro in der Tasche kam er in ein Land dessen Sprache er nicht spricht, in dem er niemanden kannte und in dem er als Kind von russischen Eltern diskriminiert wurde. Nach dem Versuch in Riga Fuß zu fassen, reiste er auf der Suche nach einem Lebensort illegal nach Deutschland, in die Schweiz, nach Frankreich und nach Belgien. Er wurde erneut abgeschoben. Nach einem „illegalen“ Besuch bei Freund_innen in Hamburg nahm sich Wadim 2010 aus Verzweiflung im Alter von 23 Jahren das Leben.

  1. Mai 2013// 19.00 Uhr// NFJ-Laden// Weichselstraße 13// 12045 Berlin// nahe U-Bahn Hermannplatz// M29 Fuldastraße