Deutschlands krassester Dancefloor

veröffentlicht am Nationalismus & Antisemitismus

Nationalismus & Antisemitismus Deutschlands krassester Dancefloor

Die Feierlichkeiten zum "Tag der deutschen Einheit"

Am 03. Oktober wird einmal mehr der Anschluss der DDR an die BRD begangen. Mittlerweile jährt sich dieses Ereignis zum 15. Mal und dieses Jahr hat das Land Brandenburg die Ehre, die Feierlichkeiten auszurichten.

Am 2. und 3. Oktober heißt es deshalb „Deutschland zu Gast in Brandenburg - Willkommen in Potsdam“. Im Zentrum Potsdams soll eine Zeltlandschaft entstehen, in der sich die 16 Bundesländer vorstellen dürfen. Mit ihren Sehenswürdigkeiten und kulinarischen Genüssen. Von den bayrischen „Oberfranken Rebellen“ musikalisch berieselt und der „Dorsch-Company“ aus Mecklenburg- Vorpommern bekocht wird das Bürgerfest auf „sieben Festbereichen und Podien“¹ vor allem eins: Das große Fressen und Saufen durch die Republik.

Besonders kreativ stellt sich das Land Brandenburg vor. Das Nazikaff Rathenow wird im Mittelpunkt stehen und mit seinem Optikwerk als Brillenmetropole präsentiert. Die Hoffnung, es könnte positive Auswirkungen auf die Weitsicht der Landesregierung haben, geht in die Irre, wie man seit vielen Jahren bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus beobachten kann. Auch das Motto „Brandenburg erleben“ lässt sich nur mehrdeutig verstehen. Das Erlebnis Brandenburg ist insbesondere für die vielen Opfer von Nazi-Übergriffen eher schmerzhaft oder im schlimmsten Falle tödlich. Insbesondere Asylsuchende, die im schönen Brandenburg zwangsinterniert werden, leben dort unter permanenter Bedrohung, Überwachung und Demütigung – im Heim sowie im Zug, auf der Straße oder der Ausländerbehörde.

Doch auch für die AnhängerInnen des „rot-grünen Reformprojekts“ wird einiges geboten in Potsdam. Unter dem Motto „Deutschland hört zu“ wird die deutsche Sprache und Literatur gewürdigt. Dort kann die gesetzte deutsch-nationale Grünenwählerin das andere Deutschland entdecken und das tun, was sie am liebsten tut: der Amerikanisierung der Alltagskultur entgegentreten.

Bekannterweise setzt das rot-grüne Reformprojekt aber auf Bürgerbeteiligung. Also wird auch die gemeine Bürgerin dazu aufgerufen, sich aktiv in die Ausgestaltung des Tages einzubringen. Für die „Aktion Deutschlandbild“ wird die breite Öffentlichkeit aufgefordert, Bilder ihrer Heimat einzusenden, die dann prominent als Deutschlandbild auf dem Bürgerfest drapiert werden. Folgende Bilder werden da sicher nicht zu sehen sein: der Abschiebeknast, prügelnde Neonazis, besoffene Deutsche, die den Hitlergruss zeigen, aus den Innenstädten vertriebene Obdachlose etc.

Das absolute Highlight wird aber, wenn man Matthias Platzeck Glauben schenken darf, die „Musikparade der 16 Bundesländer“. Potsdam wird zu Deutschlands Dancefloor Nummer Eins, wenn die Parade unter der Führung des Fanfarenzuges Strausberg und des Fanfarenzuges Potsdam mit der Unterstützung der „Oberfranken Rebellen“ und des Staatsorchesters Frankfurt/Oder durch die Straßen der brandenburgischen Landeshauptstadt zieht.

Es bleibt dabei: Am 3. Oktober gibt es nix zu feiern. Das Volksfest zum „Tag der deutschen Einheit“ wird das werden, was jedes Volksfest in Deutschland wird: Ein völkisches Event, bei dem Deutsche sich zuprosten, mit jedem Pils stolzer werden auf Volk und Vaterland und es als Höhepunkt der Liberalität begreifen, Menschen, deren Hautfarbe nicht genauso schweinchenrosa ist, zu dulden. Widerlich also. Wie die Nation.

Erschienen in:
Null Gründe zu feiern! (2005)