Die Kampagne Blackbox Verfassungsschutz nimmt das absehbare Ende des Münchener NSU-Prozesses zum Anlass, mit öffentlichkeitswirksamen Auftritten im auf die staatliche Verstrickung in die rassistischen Morde der Terrorgruppe hinzuweisen. Zusätzlich wurdeeine 48-seitige Broschüre im Stil der „Verfassungsschutzberichte“ herausgebracht. „Das Dunkle Kapitel“ nimmt den Verfassungsschutz ins Visier und beschreibt detailliert die Praktiken, Netzwerke und Karrierewege der „Verfassungsschützer“.

Blackbox Verfassungsschutz

#1Einstieg

„Brutalstmögliche Aufklärung“ ist eine besondere Technik. Roland Koch hatte sie als hessischer Ministerpräsident in der CDU-Spendenaffäre erfunden. Nach der Mordserie des Netzwerks „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) haben wieder viele Politiker und Politikerinnen Aufklärung versprochen. Was sie nicht erwähnten: Auch sie meinen „brutalstmögliche Aufklärung.“

#2Was heißt „brutalstmögliche Aufklärung“?

„Brutalstmögliche Aufklärung“ meint nicht die Aufklärung eines skandalösen Zustands. Sie meint, dass die Art wie ein skandalöser Zustand „aufgeklärt“ wird, brutale Einsichten in eine Gesellschaft offenbart, die diese zulässt.
Roland Koch hat gezeigt, dass er nicht nur das Finanzgebaren seiner Partei, sondern ganze Behörden demokratischer Kontrolle entziehen konnte.
Die „Aufklärung“ der NSU-Morde zeigt: Ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes kann daneben sitzen, als am 6. April 2006 Halit Yozgat, der Betreiber eines Internetcafés in Kassel, ermordet wurde. Es können 42 V-Leute im NSU-Umfeld tätig sein und mindestens hunderttausende Euro Spitzellohn in die Szene pumpen. Es können Verfassungsschutzbehörden mit Schreddern und Vertuschen die Aufklärung behindern.
Die Konsequenz:Die damals operativ Verantwortlichen beim Verfassungsschutz rücken in die Führungsposition auf. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erhält zusätzliche Rechte, knapp 300 neue Planstellen und 17 Millionen Euro Etatzuwachs sowie einen zweiten Vizedirektor mit Besoldungsstufe B6. Die Straflosigkeit bei der Begehung von Verbrechen im Dienst wird auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Abschaffung des V-Leute-Unwesens und stärkere parlamentarische Kontrolle der Dienste? Fehlanzeige! Wahrlich brutalstmögliche Aufklärung.

#3Öffnen wir die Blackbox

Am neunten Jahrestag der Ermordung Yozgats startet die Kampagne „Blackbox Verfassungsschutz“ der Fachgruppe politische Bildung der Naturfreunde Berlin. Wir nehmen das absehbare Ende des Münchener NSU-Prozesses zum Anlass, in den kommenden Monaten an Jahrestagen mit Aktionen auf die staatliche Verstrickung in die rassistischen Morde des NSU hinzuweisen. Wir zeigen, was „brutalstmögliche Aufklärung“ heißt. Denn eine Aufarbeitung der behördlichen Verantwortung steht allen Untersuchungsausschüssen und des Münchener Prozesses zum Trotz noch am Anfang.

#4Wie fordern

  • Verantwortungsübernahme statt Leugnen!
  • Aufklärung statt Verdunklung!
  • Vorbehaltlos statt brutalstmöglich!